Vor einigen Tagen war ich im Zoo. Am Nachmittag sogar ganz alleine und ohne Kinder. Das gab mir unter anderem Zeit, über unsere früheren, gemeinsamen Besuche hier nachzusinieren – für uns alle war hier immer ein toller Sein- und Lernplatz, zu jeder Jahreszeit.

Mittagspause im Spinnenwebkokon

„Versteckte Schulfächer“ im Zoo

Einen Zoo empfinde ich als ein prima Lernplatz für Kinder jeden Alters. In der Regel gibt es dort viel zu tun, nebst «nur» Tiere anzugucken. Zumindest im Zürich Zoo – ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass dies die Regel ist und nicht die Ausnahme.

Ich versuche darum hier mal, das was wir so gemacht haben, zu „übersetzen“ – und zwar auf „Lehrplan-Deutsch“. Vielleicht gibt es diese Feature ja bald bei Google Translate: eine von „Leben, Spielen, Sein“ auf „Lehrplan“ Übersetzung 😉 In der Zwischenzeit müssen wir das aber wohl immer noch selbst machen.

Das bedeutet, dass ich das was wir vor Ort so gemacht haben, in die einzelnen Fächer zuzuteilen versuche. Ganz einfach ist das nicht – natürlich könnte ich die meisten der hier in Folge beschriebenen Aktivitäten durchaus auch anderen Schulfächern zuordnen. Das Leben lässt sich eben weder in Schubladen noch in Fächer quetschen. Hier trotzdem ein Versuch:

Deutsch im Zoo

So haben wir zum Beispiel viel gelesen. Als die Kinder noch klein waren, haben wir ihnen vor Ort viel über die Tiere vorgelesen, später konnten sie das nach und nach selbst. In «unserem» Zoo gibt es an vielen Orten nicht nur die Schilder mit den recht unlebendigen Standartinformationen, sondern auch viele spannend verpackte Texte, sowie einiges an interaktivem für grössere und kleinere Kinder. Dies haben wir, wenn Interesse am Tier, zusammen gelesen und dann «gemacht». Ganz egal ob es da jetzt etwas zu riechen gab, zu hören, oder ob man vielleicht weitspringen musste – was auch immer. Quizze mit Tierfragen gab es auch immer genug und waren recht beliebt.

Anschliessend haben wir oft darüber geredet. Man muss ja auch nicht immer gleicher Meinung sein wie der Schreiber der Infos. Oder auch nicht wie Mama, Papa, Schwester oder wer auch immer noch dabei ist. Ein lebendiges Gespräch kann neue Infos bringen, da können Erlebnisse erzählt und (neu) intergriert werden, Erkenntnisse können sich formen, man kann seine eigene Sicht mir der der anderen Abgleichen und sein eigenes Weltbild formen.

Regelmässige Gesprächsthemen waren, nebst den Tieren selbst, natürlich auch immer wieder der Umweltschutz, ethische und philosophische Fragen über «das Halten» von Tieren, oder über die Beziehung von Menschen und Tieren im Allgemeinen. Immer wieder ging es dabei auch über die Menschen in den entsprechenden Ländern, ihrer Kultur und Lebensweisen. Einmal wurden wir dadurch sogar inspiriert, zuhause ein neues exotisches Rezept auszuprobieren.

Das Offensichtliche: Naturkunde im Zoo

Manchmal fanden wir irgendwo einen Stand, an dem man noch mehr Infos zu einem bestimmten Tier oder einer Umgebung erhalten konnte. Das war super, denn da war in der Regel auch ein motivierter Mensch zu finden, welcher gerne die noch brennenden Fragen beantwortet hat.

Besonders beliebt war über die Jahre immer die Masoalahalle. Dort haben wir buchstäblich viele Stunden verbracht. Aus der Bibliothek haben wir mal recht zufällig das Büchlein «Globi erlebt Masoala» ausgeliehen. Dies ist zuhause bei den beiden Grossen so gut angekommen, dass wir bald darauf mit dem Büchlein bewaffnet eben diese Masoalahalle besuchten und dort viel Zeit damit verbrachten, die im Buch erwähnten Tiere und Pflanzen «in Echt» anzugucken und zu bestaunen. Dies haben wir dann noch oft gemacht.

Als es eines Tages in der Halle einen Event gab, samt Führungen und anderen Attraktivitäten, waren wir entsprechend auch mit von der Partie. Da durften wir für einmal auf den kleinen Pfaden mitten durch das Minibiotop wandern, was natürlich sehr spannend war. Ergänzt wurde dies von nochmals vielen Infos des Leiters, was auch gut ankam.

Irgendwann wurde dann der obere Weg gebaut – und schon konnten wir aus nochmals ganz anderer Sicht das Ganze bestaunen.

Als die Jüngste langsam grösser wurde, waren dann erst mal lange Zeit Elefanten angesagt. So wurden wir zu «Elefantenexperten», samt allem was es im neuen Elefantengebiet so alles zu sehen, tun und lernen gab.

Obwohl wir in der Regel recht zeitig am Morgen kamen und in der Regel solange wie es geöffnet war blieben, haben wir pro Besuch nie und nimmer alles gesehen. Immer nur kleinere Ausschnitte, diese dafür ausgiebig und mit Zeit und Ruhe.

Gestalten im Zoo

Für fotografie-interessierte Kids – im Zoo finden sich viele spannende Sujets, die man, mehr oder weniger gekonnt, ins Bild setzen kann 😉

Räume, Zeiten, Gesellschaften sowie Ethik, Religionen und Gemeinschaft im Zoo

Puh – ist das jetzt ein Monstertitel geworden… Vor dem Lehrplan 21 wäre er viel kürzer ausgefallen. Etwa so: Geographie und Ethik.

Um von einem bestimmten Ort zum nächsten zu kommen, sind, wenn man den Weg noch nicht gut kennt, Karten des Zoogeländes sehr nützlich. Schon kleine Kinder lernen recht schnell sich mit solchen zu orientieren – wenn sie mal erkannt haben, dass diese ihnen dabei helfen zum Tier ihrer Wünsche zu gelangen.

Unterdessen haben viele Menschen statt dem Papier nur noch die entsprechende App auf dem Phone. An dieser Stelle darum nur kurz: Gerade kleine Kinder lernen schneller, wenn die Welt 3D ist – sie in diesem Fall also ein echtes Papier in den Händen halten können. Dieses kann man erst noch weiter aufklappen und es ist damit übersichtlicher. Später kann dann ja noch die App samt all ihren Zusatzfunktionen dazu kommen.

Mehr im theoretischen Sinne lässt sich die Geographie auch sonst an vielen Orten im Zoo, in diesem Fall hier in einer halben Jurte, angucken und bei Interesse mit Ethik und Gesellschaft vermischt lernen. Im Bild zwei der vielleicht ungefähr sechs Infotafeln zum Yak.

Noch mehr Geographie – Der ganze Zoo in Miniatur, dreidimensional dargestellt – und durchaus auch mit Aufforderungscharakter zuhause so eine Landschaft in der einen oder anderen Form nachzuahmen.

Bis jetzt haben wir in diesem Zoobesuch von den Schulfächern her einzig die Fremdsprachen, die Mathematik, sowie die Musik noch nicht wirklich einbeziehen können.

Musik im Zoo

Musik… hm… Obwohl einerseits der ganze Zoo ein einziges, grosses Orchester mit ganz vielen Stimmen ist – ist es doch eher schwierig, dies in den Rahmen des Lehrplans zu packen. Manch einem mögen für die Jüngeren spontan verschiedene Kinderlieder, Abzählverse oder Reime mit den entdeckten Tieren in den Sinn kommen. Meine Stärke war das nicht so – und ist es bis heute leider nicht…

Immerhin – zum obigen Bild – hier lässt sich kurbeln und dabei vier verschiedenen australischen Tierliedern zuhören – also auch etwas Musik ist da, bereit gespielt und gehört zu werden 🙂

Fremdsprachen im Zoo

Auch Fremdsprachen lassen sich durchaus im Zoo lesen, lernen, üben und festigen. Es hat für alle was dabei: Einzelne Wörter, zum Beispiel Tiernamen, für Anfänger – bis hin zu recht anspruchsvollen Texten für „Profis“.

Fremdspachen lassen sich durchaus integrieren.
Das obige Fischotterrätsel kann nicht nur der NMG Naturkunde dienen, sondern auch dem Fremdsprachenlernen.
Oben darum Englisch und Französisch eher für Anfänger…

…und unten, zusammen mit Naturkunde und Geographie – für Fortgeschrittenere.

Mathematik im Zoo

Bleibt noch die Mathe: Nun, kommt auch hier auf das Alter drauf an.

Für die ganz Kleinen: «Wie viele Äffchen finden wir hier? Jetzt hat sich eines versteckt – wie viele können wir jetzt noch sehen?»

Entweder nur ein zur Zierde hingestellter Wegweiser.
Oder ein Leseprojekt für Erstleser,
eine Möglichkeit zusammen etwas Geographie zu studieren –
oder auch eine mitten im Weg stehende Mathematikaufforderung mit erst noch verschiedenen Schwierigkeitsgraden 😉

Als wir mit den zwei Grösseren oft im Zoo waren, war derselbe gerade dabei Geld zu sammeln für ein neues Elefantengehege. Dazu konnte man vor Ort Münzen in einen Trichter rollen lassen und ihnen dabei zusehen wie sie wie ein Kreisel sich langsam nach unten Richtung Loch drehen – was alle immer sehr spassig fanden. Hier kam die Mathe dann auch nicht zu kurz: «Wie viele Münzen haben wir? Wollen wir runterrollen lassen? Was macht das zusammen? Wie können wir das durch zwei teilen? Und wie viel Geld fehlt noch bis zum Ziel? Wie viel ist das in Prozent? All dies herauszufinden förderte das mathematische Denken gerade vor Ort, ganz spontan, mitten im Zoo.

Am Ende dieses kleinen „Text-Ausfluges angelangt komme ich hier zu einem Ende. Auch dieser, diesmal nur virtuelle Besuch, war gepackt mit (Lern-) Möglichkeiten, Erfahrungen und Erlebnissen. Wie auch bei den „echten“ Ausflügen, haben wir auch hier noch lange nicht alles gesehen, respektive aufgelistet. Aber ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen aufzeigen, was sich in einem Zootag schulisch so alles verstecken kann. Natürlich, wie immer in meinem Blog, ist die Idee dabei nicht, den Kindern mit den Erwachsenen aufgesetzten Schulideen den Ausflug zu vergällen, sondern vielmehr Impulse zu geben, was unterwegs auch noch gesehen und getan werden kann. Und natürlich, wie diese Erlebnisse dann später auf „Lehrplandeutsch“ übersetzt werden können.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Author

kontakt@helenes-blog.ch

Related Posts

Lernen von innen nach aussen versus von aussen nach innen – Teil 2

Viele von uns Erwachsenen haben dieses Gefühl, dieses innere Bedürfnis aus sich heraus etwas lernen oder machen zu wollen, leider zum grossen...

Lernen von innen nach aussen versus von aussen nach innen

Aller guten Dinge sind drei, sagt man. Zumindest gerade jetzt scheint das zuzutreffen: Von meinem ersten Blog, von welchem ich hier bisher...

Vision – Schule der Zukunft

Dies ist die (jetzt noch) frei erfundene Geschichte von Anna. Anna ist ein ganz normales Kind im «Schulalter», wie wir heute noch...

Lesen und Schreiben lernen – zum Beispiel mit selbsterdachten Geschichten

Als unsere Älteste beim Leselernprozess soweit war, dass sie nicht nur einzelne Worte entziffern, sondern schon kurze einfache Sätze lesen und verstehen...

Blogpost an alle Menschen in der Position Entscheidungen über Homeschoolbewilligungen zu treffen

Wir haben unsere drei Girls viele Jahre zuhause unterrichtet. Die beiden Älteren haben auf Ende Primarschule in die öffentliche Schule gewechselt, die...

Über das Tragen

Um das «Trio» zu vervollständigen, welche meiner Meinung nach das Stillen, das Familienbett und das Tragen des Babys bildet, möchte ich mich...