Aller guten Dinge sind drei, sagt man. Zumindest gerade jetzt scheint das zuzutreffen: Von meinem ersten Blog, von welchem ich hier bisher zwei Artikel hier und hier gepostet habe, ist noch ein drittes Schreiben vorhanden, welches ich hier in zwei Teilen ebenfalls posten will. Darum an dieser Stelle der Text aus meinem ersten Blog: 

Teil 1

Lernen soll Freude machen, weil es dann leichter fällt und im Gehirn auch nachhaltiger vernetzt wird. Darüber sind sich die meisten Menschen einig. Allerdings beobachte ich, dass darüber, was Freude und Spass beim Lernen eigentlich ist, ziemliche Uneinigkeit herrscht.  

Ich sehe, grob eingeteilt, zwei Möglichkeiten Lernen mit Spass und Freude zu verbinden: 

  • Einmal kommt das Bedürfnis etwas zu lernen von innen und manifestiert sich dann im Aussen. 
  • Das andere Mal wird es von aussen angestachelt und sucht sich (eventuell) den Weg nach innen. 

Wir leben in einer Zeit, in welcher gewöhnlich der Weg von aussen eine übergeordnete Rolle gegenüber dem von innen hat.

Warum ist das so?Wäre es nicht besser, wenn es genau umgekehrt herum wäre?

Was meine ich mit „von innen nach aussen“ denn genau?

In einem Satz kondensiert würde sich das etwa so formulieren: “Wirkliche eigene Begeisterung für ein Thema, welche von innen nach aussen dringt und sich schliesslich in einem fokussierten Zustand, in welchem auch die Zeit keine Rolle mehr spielt, manifestiert.

Im Gegensatz dazu charakterisiert sich dann der “Spass von aussen”, also von “aussen nach innen”, zumindest wenn es ums Lernen geht, mit Dingen wie Belohnungen, Sternchen, Abziehbilder, Geschenken, guten Noten und ähnlichem, wenn die Leistung stimmt. Mit Hilfe solcher Mittel kann durchaus ein Kind eine Zeitlang zu Leistung animiert werden. Aber auch wenn es in so einer Situation dann “selber will”, von innen heraus kommt das trotzdem nicht.

Fokussieren wir uns darum wieder auf das “von innen heraus”: Was bedeutet das nun genau? Woher kommt diese Art der Begeisterung? Wie wird sie am Leben erhalten?

Oder, von der anderen Seite her aufgerollt, was schadet ihr?

Ein schönes Mathebuch samt Kleberli, Glitzer und Glanz, oder einfach nur ein Zettel und ein Stift?

Also, natürlich kann (und tut auch ständig) etwas von aussen ein Interesse im Innern anzünden, sonst gäbe es ja keine Interaktion mit gar nichts. Aber das geschieht spontan, wiederum aus einem inneren Bedürfnis heraus und nicht umgekehrt. Natürlich kann und soll man diesen Umstand als Eltern auch nutzen und entsprechend Angebote machen. Angebote sind jedoch genau das, was eben das Wort sagt: lediglich ein Angebot. Ein solches kann immer angenommen oder auch abgelehnt werden. 

Mit anderen Worten: Ein Kind, welches gerade ein inneres Bedürfnis hat, die Welt der Zahlen besser zu verstehen, dem genügt auch ein Mathebuch in schwarz-weiss. Oder eigentlich noch viel weniger. Ein Stück Papier, ein Stift und ein motivierter, unterstützender etwas älterer Mensch genügen meistens perfekt. So ein Kind braucht keine Kleberli, Sternchen oder sonstige künstliche Anreize. Es wird Mathe lernen, weil es da spannende Informationen für sich darin findet.

Die Botenstoffe, welche im Gehirn freigesetzt werden, wenn es eine knifflige Aufgabe erfolgreich lösen kann, ist genau die Belohnung, welche es braucht. Dies wird es zur Bewältigung von mehr und mehr und mit der Zeit komplexeren Aufgaben animieren – bis es sich schliesslich wieder einem anderen Thema zuwenden wird.

Abgesehen vom erworbenen Wissen in der Mathematik, hat es eben auch noch eine ganze Reihe anderer Dinge gelernt: 

  • In diesem Fall zum Beispiel zu einem Problem eine Lösung zu finden. 
  • Wahrscheinlich auch an einem Problem dranzubleiben und Ausdauer zu entwickeln.  
  • Ausserdem, dass es kompetent genug ist, diese Aufgaben zu erledigen und sich etwas zuzutrauen.

Und dies sind alles doch eigentlich sogar noch wichtigere Teile, als nur die Mathekompetenzen…

Wie gut funktioniert „von aussen nach innen“?

Ein Kind dagegen, welches von aussen motiviert ist, dem fehlt der innere Antrieb. Im besten Fall kann dieser noch hergestellt werden, indem es den anvertrauten Menschen gefallen will, also zum Beispiel der Lehrerin oder den Eltern. Das kann unter Umständen auch ganz gut klappen, weil es Kindern ein angeborenes Bedürfnis ist, zu gefallen und die Erwartungen der Eltern zu erfüllen. Dieser Aspekt wird sowieso immer und in jeder Situation eine Rolle spielen. Wer sich dieser Tatsache mal bewusst geworden ist, kann dies auch positiv nutzen. Oft funktioniert es aber leider schlussendlich nicht wirklich im Interesse des Kindes. 

Jetzt sind wir etwas vom Thema abgekommen. Klar ist bis jetzt, mit innerem Antrieb lernt es sich besser. Aber woher kommt der denn eigentlich?

Kurz eingeschoben: Ich habe absolut nichts gegen qualitativ hochwertiges und schön dargestelltes Schulmaterial und Schulbücher. Darauf hat übrigens auch schon Maria Montessori grossen Wert gelegt. Schliesslich macht alles Schöne einfach mehr Freude.

Aber – wie viel wirkliche, innere Motivation lässt sich dadurch erzeugen? Wahrscheinlich nicht allzu viel. Wenn in einem Kind gerade das brennende Interesse besteht, den Bauernhof am Dorfrand näher kennenzulernen, dann wird auch das schönste, glitzernste Mathebuch nicht wirklich dauerhaft motivieren können. In der Regel auch die drohende schlechte Note nicht. 

Also, letztere motiviert, je nach Kind, schon zum Lernen, aber – von innen heraus? Ich bezweifle es. Auch mit Sternchen-Abziehkleber nicht.

Ausser eventuell – wenn – wenn genug Sternchen Kleber aufgeklebt wurden, die Belohnung ein Ausflug auf besagten Bauernhof ist 😉

Lernen ist wie das Leben: Zusammenhängend und nicht in einzelne Fächer aufzuteilen

Stellt sich nur die Frage, ist das wirklich der einzige oder beste Weg? Wäre es nicht effizienter, stattdessen direkt auf den Bauernhof zu gehen? Oder zumindest über dieses Thema zu lernen, sich damit zu beschäftigen, je nach Möglichkeiten?

Einmal auf dem Bauernhof angekommen, werden sich wiederum 1000 Lerntürchen öffnen. Schliesslich ist die echte Welt ja auch nicht in Fächer eingeteilt, sondern findet erstmal einfach statt.

Wenn zum Beispiel das am Traktor interessierte Kind technische Details wissen will, kommt es fast nicht um Zahlen und Mathe herum. In diesem Fall werden diese Zahlen aber auch wirklich interessant, weil sie in seinem aktuellen Leben relevant sind. Die müssen jetzt nicht mehr besonders farbig dargestellt sein. Es braucht auch keine Kleberli mehr und schon gar keine Noten, um das Kind anzuspornen. Alles was es braucht, sind jetzt noch die nötigen Informationen, um sie aufzusaugen, zu verinnerlichen und mit bestehendem Wissen zu vernetzen.

Die so gelernte Mathe wird dann auch im Kopf bleiben. Garantiert. Weil sie nämlich wirklich verstanden, mit bestehendem Wissen verknüpft und erst noch mit belohnenden Botenstoffen im Gehirn bewässert und gedüngt wurde.

Gelernt mit Spass, aus innerem Antrieb heraus, ist eine Information für lange gespeichert und jederzeit abrufbar.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Author

kontakt@helenes-blog.ch

Related Posts

Lernen von innen nach aussen versus von aussen nach innen – Teil 2

Viele von uns Erwachsenen haben dieses Gefühl, dieses innere Bedürfnis aus sich heraus etwas lernen oder machen zu wollen, leider zum grossen...

Vision – Schule der Zukunft

Dies ist die (jetzt noch) frei erfundene Geschichte von Anna. Anna ist ein ganz normales Kind im «Schulalter», wie wir heute noch...

Lesen und Schreiben lernen – zum Beispiel mit selbsterdachten Geschichten

Als unsere Älteste beim Leselernprozess soweit war, dass sie nicht nur einzelne Worte entziffern, sondern schon kurze einfache Sätze lesen und verstehen...

Blogpost an alle Menschen in der Position Entscheidungen über Homeschoolbewilligungen zu treffen

Wir haben unsere drei Girls viele Jahre zuhause unterrichtet. Die beiden Älteren haben auf Ende Primarschule in die öffentliche Schule gewechselt, die...

Über das Tragen

Um das «Trio» zu vervollständigen, welche meiner Meinung nach das Stillen, das Familienbett und das Tragen des Babys bildet, möchte ich mich...

Unsere Jüngste und die Uhrzeit

Wie schon der Artikel über Postcrossing, stammt auch dieser Text aus früheren Jahren. Ich habe ihn hier neu bereitgestellt, weil er sehr...

Vision - Schule der Zukunft

Januar 12, 2025