
Um das «Trio» zu vervollständigen, welche meiner Meinung nach das Stillen, das Familienbett und das Tragen des Babys bildet, möchte ich mich in diesem Artikel noch dem Letzteren der dreien, nämlich dem Tragen, widmen.

Wenn ich noch alles besitzen würde, was wir als Tragehilfen in der Vergangenheit mal unser eigen nannten – dann befänden sich bei uns im Haus unterdessen:
- ein kurzes Tragetuch
- ein langes Tragetuch aus gut vier Meter handelsüblichem Stoff
- ein langes Tragetuch, speziell als solches hergestellt
- ein «Ergocarrier», welcher extrem ausgetragen und mehrmals geflickt ist
Unsere Tragereise
Begonnen haben wir unsere «Tragereise dazumal“ mit einem recht kurzen Tragetuch, welches wir bekommen hatten, leider ohne Anleitung dazu. So eine Anleitung war vor über zwanzig Jahren auch gar nicht so einfach aufzutreiben, also blieb es zuerst mal ein selten benutztes «Ding» im Babyhaushalt.
«Zufälligerweise» trafen wir, ich glaube es war sogar am selben Tag an dem ich das erste Mal «auswärts» stillen wollte, genau auf die richtige Mutter diesbezüglich: Nämlich die, mit welcher ich während der ersten Tage nach der Geburt im Spital ein Zimmer geteilt hatte.
Sie kam daher mit ihrem Baby in einem Tragetuch vor ihrem Bauch.
Ich fand das sehr praktisch. Sie erklärte mir darum, das sei sehr einfach: Entweder könne ich teuer ein Tragetuch kaufen – oder mir einfach mindestens vier Meter Stoff im nächsten Stoffladen holen. Es solle einer sein, welcher sich durch die Webweise auf alle Seiten etwas bewegen lasse.
Dann zeigte sie mir gleich noch vor Ort die zwei häufigsten Bindungsarten mit Baby auf dem Bauch.
Vorgeschlagen – getan – so kam ich also zu meinem zweiten Tuch.
Wir waren begeistert – und unsere Kleine wurde unterwegs mehrheitlich herumgetragen. Ein Kinderwagen ist trotzdem auch ganz praktisch: Dort hinein kann man nämlich viel Gepäck laden, auch ein Einkauf passt hinein. Der Kinderwagen war darum von da an bei uns vor allem ein tolles Warentransportgerät. Natürlich passen auch grössere Geschwister sehr gut hinein, wenn der Weg für sie mal zu weit ist.
Nach der Geburt der zweiten Tochter haben wir nochmals aufgestockt und zuerst Geld in ein «richtiges» Tragetuch investiert – was nochmals eine Offenbarung war. Deutlich angenehmer zu tragen.

Sie verbrachte ja schliesslich nicht nur unterwegs viel Zeit im Tuch, sondern überhaupt den ganzen Tag. In den ersten Monaten wurde sie (fast) ausschliesslich getragen.

Dies änderte sich erst, als sie zwischen fünf und sechs Monate alt war und sich vermehrt selbst fortbewegen wollte. Trotzdem trugen wir sie nach wie vor viel Zeit. Soviel, bis wir endlich dachten, so ein Ergocarrier, dazumal eine noch ganz neue Erfindung, wäre doch noch eine ganz tolle Anschaffung.
Und tatsächlich – ich mochte ihn keinen Tag mehr vermissen. Bis zum Alter von mehreren Jahren verbrachten die beiden Jüngeren viele, viele Stunden in diesem Carrier. Vor allem auch auf dem Rücken, was meiner Meinung nach mit dem Carrier viel einfacher geht als mit dem Tuch. Sie gingen da drin nicht nur mit zum Einkaufen, sondern machten da meistens auch ihren Mittagsschlaf, guckten mir von oben beim Hausputz zu, oder waren ohne «Schaden anzurichten» trotzdem mit dabei, wenn ich mit den grösseren Geschwistern was zusammen machte.
Mein Fazit aus dieser Zeit ist: Ich würde kein Baby mehr ohne gute Tragehilfe aufziehen wollen. Die beiden gehören für mich zusammen, fast wie die Garette in den Garten.

Verschiedene Tragehilfen
Heutzutage gibt es eine recht viel grössere Auswahl an geeigneten Tragehilfen. Da kann man sich austoben – und es findet sich zu jedem Bedürfnis bestimmt die richtige Lösung. Was als fast einziges auf jeden Fall wichtig ist, ist dass das Baby ergonomisch korrekt in der Trage sitzen kann. Bei Neugeborenen muss die Tragehilfe genügend klein einstellbar, sowie korrekt Rücken- und Halsunterstützend sein. Bei allen sollte die hüftentwicklung-unterstützende Sitzweise mit gespreizten Beinchen gegeben sein. Obwohl letzter Punkt grundsätzlich wichtig ist, finde ich es nicht nötig daraus eine „Fast-Religion“ zu machen. Manche Menschen vertreten den Standpunkt, dass ein Baby zu jedem Zeitpunkt ausschliesslich so korrekt getragen werden sollte. Erstens eben wegen der oben eben schon gesprochenen Haltung. Zweitens aber auch wegen der Bindung. Ein Baby welches die Eltern nicht sieht, so wird argumentiert, kann sich schnell alleine fühlen. Muss mit den Eindrücken von aussen alleine umgehen.
Ich finde, das Leben ist viel lebendiger und sollte auch hier nicht in Schablonen gepresst werden. Auf alle Fälle habe ich zum Beispiel meine Kinder auch durchaus mal ganz «unkorrekt» nach vorne getragen, damit sie mehr von ihrer Umgebung sehen konnten. Ganz Gegensatz zum Kinderwagen, bei dem die Verbindung zu den Eltern tatsächlich teilweise abgebrochen ist, wenn das Kind nach vorne schaut, ist das beim Tragen nach vorne in keinem Moment der Fall. Die Verbindung bleibt körperlich ja bestehen. Früher übrigens, haben auch die Kinderwagen in aller Regel in die andere Richtung gezeigt. Die Babys konnten die Mutter also jederzeit sehen.

Zu «unserer Zeit» waren Tragetücher sowie der eben frisch auf den Markt gekommene Ergocarrier die einzig sinnvolle Auswahl. Der altbekannte Snuggli ist zwar bestimmt besser als gar nicht tragen, jedoch auf Dauer weder für das Baby ergonomisch toll, noch für den Tragenden besonders bequem. Dann gab (und gibt) es noch diese Tragen, welche man besonders in den Bergen beim Wandern sehen kann – gefühlt riesige Gestelle, aus welchen zwar das Kind ganz munter herausguckt, welche aber sowas von schwer und unbeweglich aussehen, dass ich sie nimmer mit meinen geliebten Tüchern oder Carrier eintauschen würde.
Allgemeine Vorteile des Tragens
Um diesen Artikel formell abzurunden, möchte ich hier noch ganz allgemein auf die Vorteile des Tragens eingehen. Meiner Meinung nach sind dies recht viele:
- Die Eltern sind viel freier. Alltäglichen Tätigkeiten kann mit viel weniger Unterbrechung nachgegangen werden.
- Auch ältere Geschwister können so einfacher ihre Portion Aufmerksamkeit vom anwesenden Elternteil bekommen. Man kann sich viel mehr auch mal nur auf es konzentrieren, ohne dass das Jüngere sich dabei ausgeschlossen fühlt.
- Die Eltern-Kind-Bindung wird ganz natürlich gestärkt.
- Die Bedürfnisse des Kindes können durch die engere Bindung einfacher, besser und schneller von den Eltern verstanden werden.
- Das Kind ist in der Regel entspannter und zufriedener.
- Das Baby kann am Alltag teilnehmen, ohne überfordert zu werden.
- Die Entwicklung des Hüftgelenkes kann optimal stattfinden.
- Auch die Entwicklung der Muskulatur wird tragend besser angeregt.
- Ich habe jeweils sogar das Baby im Carrier unauffällig stillen können, wenn wir unterwegs waren.
- Unterwegs ist auf diese Art auch «Bett und Decke» immer automatisch mit dabei.
…Und vor allem ist es einfach viel schöner, sein Baby zu tragen, als es irgendwo abgelegt zu haben 😉