Als unsere Älteste beim Leselernprozess soweit war, dass sie nicht nur einzelne Worte entziffern, sondern schon kurze einfache Sätze lesen und verstehen konnte, suchten wir nach geeignetem Lesematerial für diese Stufe. Nicht ganz einfach, da viel Text in Büchern schnell zu viel und vor allem zu kompliziert wird. Im Fall von unserer Tochter war es wohl noch schwieriger – da sie schon immer recht anspruchsvoll war, in der Auswahl ihrer Leselektüren.

Motivierende Texte finden…

Fündig wurde ich schliesslich im Internet, in dessen Tiefen ich irgendwo ein paar ganz tolle, einzelne Blätter fand, welche man ausdrucken konnte. Der Clou daran – auf den Blättern standen in einer Hälfte zwei bis vier einfache aber trotzdem interessante Sätze zu einem bestimmten Tierthema. Auf der anderen Hälfte befand sich ein Ausmalbild mit eben diesem Tier.

Perfekt für meine Girls, also. Ja, die mittlere, welche nur eineinhalb Jahre jünger ist, gab ihr bestes, da auch gleich mitzumachen.

Bald aber waren die relativ wenigen dort verfügbaren Blätter alle ausgedruckt, durchgelesen und ausgemalt. Das Bedürfnis nach mehr davon war jedoch grösser als jemals zuvor.

Das war übrigens eigentlich immer so, bei (fast) jedem Thema: Hat sie erstmal das Fieber gepackt, dann aber richtig. Wenn es irgendwie möglich war, gab es dann immer viel davon. Als sie z.B. Origami entdeckt hatten, hatten wir bald Säcke voller verschiedenster Origamitiere. Ein Teil davon wurde dann in einer ebenso ausgiebigen Phase «Papierschöpfen» enthusiastisch wieder weiterverarbeitet. 😀

…oder sonst halt selbst produzieren

Aber zurück zu den Blättern mit einfachem Lesetext und Bild dazu:

In der Not, quasi, habe ich halt begonnen, selbst solche Blätter zu schreiben. Zuerst hatte ich aus irgendeinem, im Nachhinein nicht mehr wirklich nachvollziehbaren Perfektionsbedürfnis heraus, noch versucht die Blätter am Morgen früh, bevor sie wach wurden, alleine zu schreiben. Aber wie es dann so kam, im echten, oft nicht so perfekten Leben – sie wollten mehr davon. Und zwar nicht erst am nächsten Tag. Sondern jetzt.

Wer vertröstet schon gerne seine Kinder auf den nächsten Tag, wenn sie heute jetzt gleich noch mehr lesen lernen wollen..? Ich jedenfalls nicht. So setzte ich mich an den PC und schrieb gleich noch ein paar Blätter. Hat, unter anderem, auch den Vorteil, dass man die sowieso auftauchenden Wünsche umgehend in aktiven Text umsetzen kann 😉

So verbrachten wir ein paar Tage oder auch Wochen: Ich habe Blätter geschrieben und ausgedruckt – und sie haben sie gelesen und ausgemalt. Mit der Zeit wurde die Texte schrittweise immer etwas anspruchsvoller.

Vom Lesen und Malen zum Schreiben

Und schliesslich gab es wieder eine unerwartete Wendung in diesem Spiel: Die Älteste wollte sich lieber gleich selbst an den PC setzen und das mit dem Schreiben selbst übernehmen. So kam es also, dass sie ihre ersten Wörter auf einer Tastatur geschrieben und nebenbei gleich noch was über Gestaltung am Computer gelernt hat. Ihre jüngere Schwester hat ihr das bald auch nachgeahmt – und so war der PC dann oft von kleinen, geschichten-schreibenden Mädchen besetzt.

Aus was recht zufällig angefangen hatte, wurde schliesslich eine jahrelange Tätigkeit – die Texte wurden mit der Zeit anspruchsvoller und länger. Aus einem Blatt wurden mehrere. Bald sind daraus richtige kleine «Büchlein» entstanden. Von manchen Geschichten entstanden mehrere Bände. Irgendwann, als ihre kleine Schwester etwas älter wurde, entstanden «Kinderheftchen», extra wieder auf Kleinere zugeschnitten. Inhaltlich wurden die gefüllt mit kleinen Geschichten, Rätsel, Malbildern und ähnlichem. Das Bindegerät, welches wir uns mal zugetan haben, wurde so ganz viel gebraucht.

Geschichtenbüchlein, extra einfach und mit laminierten Seiten, speziell für die kleine Baby-Schwester

Das nicht ganz einfache Thema der Rechtschreibung

Bevor wir die Geschichte jeweils ausgedruckt haben, haben wir sie auf Rechtschreibung hin untersucht. Diese war anfangs alles andere als Vorbildlich. Wir haben jeweils vor allem ein Rechtschreib-Thema zur Zeit zusammen angeguckt und korrigiert. Alle weiteren Fehler habe ich dann auch mal alleine verbessert. Zusammen haben wir in der Regel nur bis zu der Grenze zusammen korrigiert, dass das Schreiben ein Erfolgserlebnis bleiben durfte. Ich wollte nicht mit zu viel Korrekturen die Schreibfreude der beiden vermiesen oder abtöten.

Mit anderen Worten – den guten Mittelweg zu finden zwischen „soviel wie möglich“ und „soviel wie geht“ – das ist hier die Kunst und sollte immer das Ziel sein.

Inhaltlich wollte ich das Geschriebene möglichst in seinem Original belassen. Darum habe ich auch manche eigenwillige Satzstellungen, gerade so wie sie waren, stehen gelassen.

Je nach Gemütszustand konnten darum manche Formulierungen beim Leser jeweils ein grosses Lächeln oder auch ein kleines Kopfschütteln auslösen.

Das Ziel war, nebst dem Beibehalten des Originaltextes, sie zur Rechtschreibung zu motivieren und die Rechtschreibung zu üben, während dem das Schreiben selbst aber stets als Nummer eins in der Prioritätenliste stand.

Letzteres ist übrigens offenbar gut gelungen: Diese Schreibfreude hat sich bis jetzt hingezogen – unsere Älteste ist gegenwärtig gerade daran, ihr zweites grösseres Buch zu schreiben. Vielleicht lässt sie es ja irgendwann sogar ausdrucken oder als EBook verpacken…

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