
Das Familienbett – die einen wollen nie mehr was anderes – andere sind zurückhaltender… Wir zählten uns zur ersteren Gruppe. Allerdings nicht ganz von Anfang an, aber bald dann. Unsere Älteste hatte sozusagen die Arbeit auf sich genommen, uns dorthin zu führen. In der Folge hatten wir dann viele Jahre ein gemeinsames Bett, die wir bestimmt alle nicht mehr missen wollen.
Hier möchte ich dir ein bisschen davon erzählen, wie es dazu gekommen ist, wie das bei uns war und welche Gründe es meiner Meinung nach geben könnte, es doch anders zu machen.
Die ersten Tage…
Nun, als ich als frischgebackene Mutter wieder mit meinem kleinen Baby in den Armen zuhause stand – hatte ich noch keine Idee, was da alles noch auf uns zukommen würde. Zum einen zum Thema Schlafen. Ich hatte damals noch die Idee im Kopf, ein Baby gehöre in sein Bettchen, am besten in seinem Zimmer. Daran sollte es sich von Anfang an gewöhnen, schliesslich wird es sonst verwöhnt und das geht gar nicht. Dann hat man immer ein Problem und kriegt sie nie mehr aus dem Elternbett.
Soweit mein Glaubenssatz zu dieser Zeit.
Nun, um es mal neutral auszudrücken, unser kleiner Sonnenschein fand dies eine ganz doofe Idee und hat das auch intensiv kundgetan. So haben wir uns ein paar schlaflose und sehr stressige Nächte um die Ohren geschlagen – mit beruhigen, schaukeln, herumlaufen, voooorsichtig hinlegen, hinausschleichen – und gleich wieder das Ganze von vorne… Ohne irgendeinen Erfolg oder Aussicht nach Besserung. Dafür mit viel Stress und Schlafentzug für alle drei Beteiligten.
Bald dann, habe ich irgendein Büchlein in die Hände gekriegt, worin gestanden hat, dass man sein Baby ohne Probleme so die ersten zwei Monate bei sich im Bett schlafen lassen kann.
Ah, okay, zwei Monate…
Daraus wurden dann drei Monate, ein halbes Jahr, ein ganzes Jahr. Eigentlich glücklich, aber immer mit einem unterschwellig schlechtem Gewissen und der Idee bald was ändern zu müssen.
Aus Notlösung wird dann endlich definitiv
Dann, unsere Zweite war schon unterwegs – hatte ich noch eine Begegnung mit einem kleinen Büchlein. Dies sollte eines meiner Lieblingsbücher werden und es hat unsere Kindererziehung nachhaltig und stark geprägt. Dieses Wunderbüchlein heisst: „Auf der Suche nach dem verlorenen Glück“, von Jean Liedloff. Es ist nicht im direkten Sinne ein Erziehungsbuch, sondern einfach die Aufzeichnungen einer Frau die umständehalber eine Weile bei einem Indianerstamm in Südamerika gelebt hat. Dort hat sie beobachtet, wie diese Indianer miteinander gelebt haben, insbesondere wie sie mit ihren Kindern umgegangen sind. Sie wurden von ihr als «das glücklichste Volk der Erde» bezeichnet. Drei der zentalsten Beobachtungen von ihr waren:
- Die Babys lagen nie einfach irgendwo alleine, sie wurden immer überallhin mitgetragen.
- Sie tranken Milch wann immer sie wollten, solange sie wollten
- Und sie schliefen immer zusammen mit den Eltern.
Teilweise ergibt sich das auch einfach aus der Tatsache, dass es wirklich keine gute Idee ist, ein Baby auf dem Urwaldboden alleine zu lassen.
Teilweise jedoch – oder eher gerade deswegen, lässt sich daraus ableiten, dass kleine Menschenkinder von Natur aus nicht dafür gemacht sind, alleine zu schlafen. Das war einfach viel zu gefährlich und ist deshalb in der Vergangenheit höchstens selten mal passiert.
Meine Tochter jedenfalls hat es damals ganz bestimmt als gruselig und unwohl empfunden und dies auch so mitgeteilt. Immerhin ging es (aus evolutionärer Sicht) um ihr Leben… Darum hat sie ihre ganze Energie da reingesteckt.
Wir haben dann, nach Verstehen dieses Buches, gemeinsam beschlossen mehrere Dinge definitiv umzustellen. In Sachen Bett hiess das: Statt temporär wurde sie endlich definitiv einquartiert. Und zwar diesmal mit gutem Gewissen. Dies war ein erlösendes Gefühl.
Das Plätzchen für ihr Schwesterchen ist bald darauf entstanden, indem wir von dem (immer noch leer herumstehenden) Gitterbettchen eine Seite abgenommen haben und es mit dieser Seite ans Bett gestellt. So hatte sie dann ihren eigenen, sicheren Platz, trotzdem ohne Barriere. Auf diese Weise ist auch das Stillen ohne überhaupt richtig aufzuwachen möglich.
Als dann noch die dritte Tochter dazukam, haben wir nochmals mehr Platz geschaffen. Leider habe ich kein Foto davon – sonst könnte ich dir direkt zeigen, wie das in unserem Schlafzimmer ausgesehen hat. Auf alle Fälle war die ganze Breite des Zimmers ein Matratzenlager. Ganz links die kleinste, daneben ich – die restliche Anordnung konnte variieren.
„Schläft sie schon durch?“
Meine Gespräche, über das «Durchschlafen», mit anderen Müttern tönten dann in etwa so:
«Wächt deine in der Nacht noch auf? Wie viele Male kommt deine in der Nacht?»
«Ja, sie will schon immer wieder Milch. Ich weiss aber nicht so genau, ich wache meistens nicht wirklich auf, aber ich glaube unterschiedlich. Vielleicht so drei- bis viermal.»
«Soviel! Ist das nicht anstrengend?»
«Eigentlich nein, nicht so, ich weiss es ja nicht mal genau. Ich drehe mich einfach um und stille und schlafe dabei mehr oder weniger weiter. Ja, wie ist das denn bei euch. Wie viel mal wächt er dann bei euch auf?»
Normalerweise noch ein Mal pro Nacht. Das ist dann jedes mal so mühsam, weil ich dann ins Kinderzimmer muss, mein Mann geht selten, der wacht nicht mal auf. Bis der Kleine dann wieder schläft und ich ins Bett zurück kann, vergeht seine Zeit. Dann bin ich immer ganz wach. Und jetzt ist er noch etwas krank, hat verstopfte Nase. Damit kann er nicht schlafen und wächt immer wieder auf. Das ist gerade richtig mühsam für uns beide…»
«Aha – oh, ja, das tönt mühsam. Ja, meine hat auch manchmal verstopfte Nase oder so – aber sie schläft trotzdem gut. Und ja – dann stille ich wohl noch etwas mehr. Aber das ist nicht so wichtig, wir schlafen ja trotzdem.»
Das ist ja schön, wenn ihr das so macht, hörte ich dann mehrmals – aber…
Kriegt man sie denn jemals wieder raus aus dem Bett?
Hmm… wie soll ich es sagen, spätestens wenn sie einen Freund nach Hause bringen, wollen sie auch ein eigenes Bett…?
Nein, im Ernst, natürlich passiert das schon früher, dass sie ein eigenes Bett wollen. Aber ja, es ist eine berechtigte Frage. Sooo schnell geht das nämlich oft tatsächlich nicht. Also zumindest unsere sind nicht so schnell wieder gegangen. Aber das war auch gut so – wir hätten sie nämlich vermisst.
Schliesslich war es dann doch soweit: Ich weiss es gar nicht mehr so genau, ich glaube sie waren vielleicht so sieben Jahre alt, oder etwa so.
Aber das ist individuell. So wie jedes Kind, jede Familie und jede Situation wieder einzigartig sind.

Ja, und was ist denn mit der Beziehung von Mutter und Vater?
Die brauchen ja auch ihre Zeit und ihren Raum alleine.
Ja, genau. Ich würde sogar sagen, das ist essenziell wichtig für die Beziehung. Aber wer sagt denn, dies muss genau das Familienbett sein? Genau dann, wenn alle darin liegen wollen? Es gibt doch noch viele alternative Ideen, Orte, oder Tageszeiten wie und wann man sich als Eltern diese zweisame Zeit nehmen kann. Hauptsache man findet einen Weg.
An dieser Stelle vielleicht eine kleine Einschränkung: Familienbett ist was wirklich tolles, mit fast nur Vorteilen. Meine ich. Wenn das jetzt jedoch ein Elternteil nicht so empfindet und sich dabei unwohl fühlt – dann muss dies ebenfalls Platz haben. Für das Kind ist nichts gewonnen, wenn die Eltern dafür ständig streiten oder sonst Spannungen entstehen lassen. So toll ich das Familienbett auch finde – es ist eine Lösung – und es gibt auch noch andere liebevolle Lösungen. Beziehung geht immer vor Prinzipien!
Was, wenn ich das Kind nachts erdrücke? Oder was ist mit dem plötzlichen Kindstod?
Also – mir kommt auf anhin noch eine gute Kontraindikation fürs Familienbett in den Sinn: Hast du Schlafmittel oder Drogen genommen, welche dein Schlafen beeinträchtigen – dann schläfst du wahrscheinlich lieber nicht mit einem kleinen Säugling im selben Bett.
In allen anderen Fällen: Die Natur hat es so eingerichtet, dass du auch während dem Schlafen genau weisst wo dein Baby liegt. Da liegst du nicht mal so schnell drauf, das passiert nicht!
Und wegen dem SIDS: Auch dies hat seine Ursache bestimmt nicht beim gemeinsamen Schlafen. Im Gegenteil: Sollte mal ein Atemaussetzer, oder ähnliches, passieren – dann hast du viel bessere Chancen dies zu bemerken, wenn du gleich daneben liegst.
Abschliessend möchte ich dir hier eine ganz kurze Zusammenfassung der Vorteile des Zusammenschlafens, so wie ich es sehe, darlegen:
- Das Kind schläft ruhiger, da es nicht alleine ist.
- Das Kind orientiert sich einfacher an den Eltern, an ihren Nacht- und Tagesrhythmus. Dadurch passt es sich schneller an.
- Das Stillen (oder halt auch schöppelen) geht viel einfacher.
- Die ganze Nacht ist entspannter.
- Durch den Tag sind alle viel ausgeruhter.
- Die Eltern-Kindbindung wird gestärkt.
- Wenn mal etwas wäre, dann sind die Eltern auch gleich da.
Familienbett – ja oder nein?
Aber schlussendlich gibt es auch hier nicht die eine, für alle Familien, gute Lösung. Wie auch immer ihr euch als Eltern entscheidet – wichtig ist meiner Meinung nach vor allem, dass dabei alle zufrieden sind. Eine Lösung mit der alle Familienmitglieder gut leben können. Viele Wege führen nach Rom – ähm, zu einem guten Schlaf. Hauptsache für alle ist der Weg gut begehbar und stimmig.
Selbst ein Familienbett bauen ist auch gar nicht so schwierig. Es geht auch ganz ohne Schraubenzieher, Hammer und Schrauben. Mit ein paar Europaletten zusammenschieben, 2 grosse Matratzen und fertig ist es. Ohne Akku-Schrauber, ohne Elektronik Werkzeuge und ohne Lärm.